Brit-Blues und Rock 'n' Roll im Doppelpack

WENDLINGEN: Mick Fleetwood Blues Band und Ten Years After begeistern beim Zeltspektakel

Von Brigitte Gerstenberger

Das Blues-Fieber in England fuhr vielen gewaltig in die Knochen. Man schrieb das Jahr 1967. Peter Green, einer der besten britischen Blues-Gitarristen, hatte gerade zusammen mit seinen Kollegen Mick Fleetwood, Schlagzeug, und John McVie, Bass, John Mayall's Bluesbreakers-Kaderschmiede verlassen, bei der er die Nachfolge von Eric Clapton übernommen hatte. Fleetwood Mac war geboren, nur drei Jahre später verabschiedete sich Peter Green wieder von der Band. 40 Jahre später erlebten die zahlreichen Fans beim Wendlinger Zelt­spektakel eine spannende Zeitreise mit der Mick Fleetwood Blues Band, die dem britischen Blues-Boom der späten 60er und frühen 70er und damit den Wurzeln der ursprünglichen Fleetwood Mac ihre Referenz erwies. Angetan vom Zir­kus­zelt­-Ambiente - "Great Audience" - zeigte sich die Band am Freitag­abend in bester Spiellaune.Angetrieben von Mick Fleetwoods Powerhouse-Percussion spielte das Quartett überwiegend alte Hits, zu denen sich der eine oder andere neue Song der soeben erschienenen CD "Blue Again" gesellte. Freilich war dies nicht nur ein Blues-Abend für Nostalgiker. Nicht Peter Green stand auf der Bühne, sondern Rick Vito, Gitarre und Gesang, der schon in den späten 80ern für einige Jahre bei Fleetwood Mac als Frontmann agierte. Technisch sehr versiert, verpasste Vito den Greeny-Licks eine härtere Note. Gleich zu Beginn die Fleetwood-Mac-Klassiker "Looking for Somebody" und "Oh Well", nur partiell die Anleihen an Greens weichen und sensiblen Blues-Sound. Zum markanten, unwiderstehlichen Rhythmus von Mick Fleetwood fügten sich die auffälligen Bass-Lines von Lenny Castellano bestens ein, und mit Mark Johnstone, Keyboards und Gesang, gelang den Briten eine fetzige Frischzellenkur der alten Songs. Pulsierender Groove, prickelnder Slide-Gitarren- Sound von Vito, der sich mit dem fast schon Wind erzeugenden Tieftöner von Castello punktgenau bei der langen Version von "The World Keep on Turning" traf. Auch der Welt-Hit "Black Magic Woman", von Santana einst grandios in den Rock-Himmel gehievt, erlebte neue Sound-Chiffren mit einem ausgedehnten musikalischen Diskurs zwischen Gitarre und Keyboard. Während der Mann am Mischpult die Regler höher stellte, trieb die Band in den stampfenden und wabernden Blues von "The Lucky Devil", alles klatscht und bewegt sich, zuweilen brummelt die Bass-Drum, aber das machte nichts. Das Zeltspektakel Publikum war längst vor der Zugabe "Albatros" im Blues-Fieber des Jahres 2008 angekommen.

Ten Years After

Mit ungeheuerem Speed ging es am Samstagabend weiter, Ten Years After, die Woodstock-Legende, ist im Gegensatz zu Mick Fleetwood häufig Gast in schwäbischen Gefilden. Die Briten ließen es so richtig krachen und wurden dafür mit frenetischem Applaus gefeiert. Dass Captain Speedfinger Alvin Lee schon lange nicht mehr dabei ist, tut den Rock 'n' Roll-Blues- und Boogie Woogie-Heroen keinen Abbruch. Es scheint so, als ob sie im Laufe der Jahre immer befreiter aufspielen und sich sichtlich wohl dabei fühlen. Aber bevor Joe Gooch, Gitarre und Gesang, Jungspund von TYA, seine Stratocaster bearbeitet, wärmte Roger 'n' Stuff aus Stuttgart zuvor die Fans auf. Roger Röger, Soulman und Exkneiper der legendären "Rogers Kiste", und seine Band gaben eine fulminate musikalische Steilvorlage mit ihren Interpretationen von Klassikern des Rock.

Historisch auch Ten Years After, die 40 Jahre später mit ihren Urgesteinen Leo Lyons, Bass, Chick Churchill, Keyboard, und Ric Lee, Drums, immer noch gewaltig unter Strom steht. Und so groovte sich die Band gnadenlos in die typisch langen Instrumentalpassagen der TYA-Klassiker. "Can't Keep From Crying", "Sometime" oder "Love Like a Man" hauen gewaltig rein. Beim Titel "Little Schoolgirl" fegt der ewig gut gelaunte Lyons über die Bass-Saiten und die Griffbrett-Treibjagd mit Alvin Lees Nachfolger Gooch ist eröffnet. Joe Gooch, technisch brillant, stachelt auf und reist die anderen mit. Die halten immer noch kraftvoll dagegen und jammen sich in den ewigen Woodstock-Hit "I'm Going Home", da fehlten nur noch Alvins hohe spitze Schreie.